Dankschreiben an unser Seniorenwohnhaus Karl Borromäus

Ich möchte mich gern bei Ihnen, allen ihren Mitarbeitern im Seniorenwohnhaus Karl Borromäus und der Caritas für die liebevolle Pflege meiner Mutter bedanken. Sie hieß Edeltraud S. und starb am 10. Oktober, kurz nach ihrem 90. Geburtstag. Sie wohnte sechs Jahre im Seniorenwohnhaus Karl Borromäus, fünf davon in der Demenzabteilung.

Ich lebe in den Vereinigten Staaten und konnte meine Mutter in diesen Jahren nicht mehr besuchen, weil mein Mann ebenfalls die Alzheimerkrankheit hat. Die Telefongespräche nach Linz waren mir sehr wichtig. Die Schwestern sind meine Freundinnen geworden und werden mir fehlen. Sie waren immer bereit, sich mit mir zu unterhalten, was mir, als ich mit meiner Mutter nicht mehr sprechen konnte, besonders viel bedeutete. Mit Frau Baumschlager tauschte ich Emails aus. Ich konnte ihr vom Leben meiner Mutter erzählen, was mir ein Bedürfnis war und ihr und den anderen Schwestern willkommen, weil sie so besser auf meine Mutter eingehen konnten.

Der persönliche Zugang zu den Bewohnern des Heims hat mich von Anfang an beeindruckt. Beim Ausfüllen des Fragebogens zum Hintergrund meiner Eltern musste ich an Erfahrungen denken, die ich als junge Studentin in Salzburg hatte. Mein damaliger Lebensgefährte studierte Psychologie. Sein Freund und Studienkollege arbeitete an einer Dissertation über Geriatriepatienten in der Salzburger Nervenklinik. Er erzählte uns von einer Untersuchung, die für mich damals eine Erleuchtung war: Menschen mit vergleichbaren Kalziumablagerungen im Gehirn würden angeblich im Alltag unterschiedlich funktionieren, je nach dem Umfeld, in dem sie lebten. Diese Erkenntnis verband sich mit einem Thema, um das es damals in vielen unserer Gespräche ging: Was sind die Bedingungen eines menschenwürdigen und menschengerechtes Daseins? In der Pflegephilosophie des Seniorenwohnhaus Karl Borromäus, die aus dem Fragebogen hervorging und sich dann in der Praxis verwirklichte, waren sie enthalten.

(Der junge Mann, der damals über die Geriatriepatienten arbeitete, war übrigens Alfred Pritz, der Rektor der Sigmund Freud Universität in Wien. Mein damaliger Lebensgefährte war Sylvester Walch, der mittlerweile mehrere Bücher geschrieben hat und im Allgäu ein Institut für Psychotherapie und spirituelle Erfahrungen leitet.)

Ich lebe schon seit 26 Jahren in den Vereinigten Staaten. Die große Entfernung war immer schwierig, weil ich keine Geschwister habe, und auch keine anderen Verwandten mehr da sind. Solange es ging, haben mein Mann und ich mein Eltern jedes Jahr in Österreich besucht. Damals waren sie noch gesund. 2011 bekam meine Mutter nach einer Phase von Verfolgungswahn die Alzheimerdiagnose. Sie war 83. Mein Vater war 86 und geistig bei guter Gesundheit. Er betreute meine Mutter ein Jahr lang zu Hause, was, trotzdem er etwas Hilfe hatte, schwierig war. Meine Mutter stand unter dem Einfluss starker Medikamente und brach oft zusammen. Mein Vater musste mehrmals die Rettung anrufen, weil er nach drei Hüftoperationen nichts schweres heben konnte. 2012 erlitt er eine Gehirnblutung.
Ich hatte in diesem Jahr täglich mit meinen Eltern telefoniert. Einmal, als ich anrief, sagte meine Mutter, Vati könne nicht aufstehen und nicht sprechen. Ich rief die Hausärztin meiner Eltern an und sie verständigte die Rettung. Meine Eltern kamen beide ins Krankenhaus, meine Mutter zu den Barmherzigen Schwestern, mein Vater zu den Brüdern. Ich kaufte mir ein Flugticket. Das war an einem Dienstag Anfang Dezember. Donnerstagabends war ich in Linz bei meinen Eltern im Krankenhaus.

Ich musste allein reisen und konnte nur zwei Wochen bleiben, weil mein Mann an den Nachwirkungen einer Gürtelrose litt. Ich hatte keine Vorstellung von dem, was zu erledigen sein würde. Es war nur klar, dass meine Eltern nicht mehr selbständig würden leben können. Mein Vater konnte ohne Hilfe nicht mehr aufstehen, und das blieb auch so. Die Nachbarn meiner Eltern und ihre Hausärztin sagten, es würde Monate dauern, einen Heimplatz zu finden.

Aber dann ging alles ganz schnell. Die Schwester in der Überleitungspflege bei den Brüdern erzählte mir, im Seniorenwohnhaus Karl Borromäus sei ein Doppelzimmer frei. Sie rief dort an und sagte, ich könne gleich hinübergehen. Zuerst dachte ich, "Ach nein, mitten in der Stadt, meine Eltern waren doch so gern im Grünen." Aber als ich das Heim dann sah, war ich von Anfang an dafür eingenommen. Schon das Stiegenhaus hatte eine helle, einladende Atmosphäre und einen angenehmen Geruch. Im Büro erwartete mich Frau Freudenthaler. Sie stellte mir Sr. Neumüller, die Leiterin des 1. Stocks vor, wo meine Eltern wohnen würden. Die beiden zeigten mir dann alles. Sie hatten eine natürliche, unbefangene Art, und ich fühlte mich nicht mehr so alleine. Dass das Haus fünf Stockwerke hatte, fiel mir gar nicht auf. Der 1. Stock war wie eine Wohnung eingerichtet und schien für sich zu bestehen. Es war kurz nach Mittag und roch nach Essen. Ich hatte Hunger und fragte, ob ich im Heim etwas essen könne. Frau Freudenthaler führte mich in die Küche. Es gab Knödel mit Schwammerlsoße, ein seltener Genuss für mich. Später im Büro erzählte sie mir dann von der Einrichtung des Sachwalters. Sie gab mir auch gleich die Adresse eines Anwalts. Den rief ich an und vereinbarte für den nächsten Tag einen Termin. Er sagte, er würde sich um alles kümmern, die Auflösung der Wohnungen, den Verkauf der Autos, um alle finanziellen und behördlichen Angelegenheiten. Im ersten Moment erfasste ich gar nicht, was für eine ungeheure Erleichterung das war und dass ich das selber hätte gar nicht bewältigen können. Ich müsse nur beim Gericht seine Dienste beantragen. Auch dort kam man mir entgegen. Die Dame im Sekretariat hatte mir zuerst einen Termin für acht Uhr früh gegeben. Ich erzählte ihr, dass ich mich noch nicht auf die mitteleuropäische Zeit umgestellt hätte, und sie verschob den Termin auf elf. Als ich hinkam, unterhielten wir uns wie alte Freunde und mischten Amtliches und Privates. Am meisten schien sie zu interessieren, wie ich meinen Mann kennengelernt hatte, und ich erzählte ihr meine Lieblingsgeschichte: Ich war Deutschlehrerin am Salzburg College gewesen, einer Privatschule, die amerikanischen und japanischen Studenten Auslandsstudienprogramme offeriert. Die meisten unserer Studenten kamen damals von der Illinois State University, wo mein Mann Französischprofessor war. Ein Gastprofessor lud mich nach Illinois ein und stellte mir dort meinem Mann vor. Es war Liebe auf den ersten Blick.

Am 23. Dezember 2012 zogen meine Eltern ins Seniorenwohnhaus Karl Borromäus. Ich konnte noch ihr Zimmer dekorieren. Als sie im Schein ihrer eigenen Nachttischlampen in ihren Betten lagen, weinte mein Vater. Er war immer ein pflichtbewusster, verlässlicher Mensch, der Fels in der Brandung unserer kleinen Familie. Jetzt musste er sich nicht mehr um meine Mutter sorgen. Am 24. Dezember flog ich zurück. Mein Mann holte mich in Detroit vom Flughafen ab. In der Parkgarage konnte er unser Auto nicht finden.

Mein Vater starb im Jänner 2014. Drei Monate später bekam mein Mann ebenfalls die Alzheimerdiagnose. Er war 78 und ich war 62.

Nach dem Tod meines Vaters übersiedelte meine Mutter in die Demenzabteilung. Den Tod meines Vaters bekam sie nur unterschwellig mit, was eigentlich besser so war. Meine Eltern hatten ein enges Verhältnis, und als sie älter wurden, sagte meine Mutter einmal: "Sollte mit Vati etwas sein, dann ist auch mein Leben zu Ende."

Aber dann begann im Seniorenwohnhaus Karl Borromäus ein neues Leben für sie. Besonders in der Demenzabteilung, und unter der intensiven Betreuung der Schwester, blühte sie wieder auf. Ihre Krankheit war weiter fortgeschritten, aber die schweren Medikamente waren nicht mehr nötig und ihre positiven Lebensgeister kehrten zurück. In ihrer Vorstellung lebte mein Vater noch, und wenn ich mit ihr telefonierte, erzählte sie mir, dass er gerade auf Geschäftsreise oder bei einer Kundschaft sei. Einmal sagte sie: "Wir verstehen uns so gut, ich glaube, wir werden bald heiraten!"

Die Schwestern sagten, meine Mutter lebe in ihrer eigenen Welt. Dennoch kam sie wieder auf den Erdboden zurück, wenn in der Küche ein junger Zivildiener auftauchte. Meine Mutter hatte immer eine Schwäche für Männer. Sie nannte die Zivildiener "Heinzi" - der Name meines Vaters. Der schöne ältere Herr, der jede Woche mit seinem Therapiehund ins Seniorenwohnhaus Karl Borromäus kam, hatte es meiner Mutter ebenfalls angetan. Die therapeutische Wirkung ging für sie eindeutig von ihm, und nicht von seinem Hündchen aus. Als ich mich bei den Schwestern für die liebevolle Betreuung meiner Mutter bedankte, sagten sie, auch meine Mutter habe ihnen viel gegeben. Es war für mich beruhigend, meine Mutter so gut verpflegt zu wissen. Ich musste kein schlechtes Gewissen haben, so weit weg zu sein. Sie war ja immer meine beste Freundin.

Ich bin kein religiöser Mensch, und meine Eltern waren es auch nicht, aber ich glaube an die christliche Nächstenliebe, an den Wert einer einfühlsamen, offenen, umsichtigen Menschlichkeit. Er deckt sich mit den Werten meiner Mutter: Aufrichtigkeit, Aufgeschlossenheit, Verständnis und Authentizität. Die Schwestern im Seniorenwohnhaus Karl Borromäus ließen meine Mutter sein, und sie ist dort glücklich gewesen.

Mit aufrichtigem Dank und freundliche Grüße,
Renate Olivier