Von Anfang an ein Gleichklang

1919. Das ist der Geburtsjahrgang der Bludenzerin Ilse Cirtek. Hundert Lebensjahre mit vielen glücklichen Momenten und tragischen Schicksalsschlägen. Wie das Leben halt so spielt. Die Seniorin ist erstaunlich fit: Es macht ihr körperlich keine Schwierigkeiten, sich eben mal schnell zu bücken, um vom Boden etwas aufzuheben. Und vor allem geistig: Ilse Cirtek steckt voll von Lebensweisheiten und Wissen. „Ich bin eigentlich im Schwarzwald geboren, meine Eltern waren Musiklehrer. Als ich 6 Jahre alt war übersiedelte die Familie vom Schwarzwald an den Bodensee und danach ins Schwabenländle. Ich musste gleich den dort üblichen Dialekt lernen, um integriert zu werden – nicht gerade zur Freude meiner Mutter, die sehr darauf achtete, dass ihre Tochter wohlerzogen wurde“, erzählt sie und lacht verschmitzt: „So wurde a richtigs Schwäble aus mir.

Reisen zählte – neben  dem Fotografieren - schon von frühen Jugendjahren an zu den großen Hobbies von Ilse Cirtek. So war es auch eine Reise nach Korsika, bei der sie ihren späteren Mann kennenlernte und so 1968 nach Bludenz kam. Und wiederum eine Reise brachte eine weitere entscheidende, diesmal leider negative Wende ihn ihrem Leben: „In Afghanistan erkrankte ich an einer tuberkulösen Meningitis. Dadurch verlor ich mein Gehör und auch mein Gleichgewichtssinn war völlig zerstört“, erzählt Frau Cirtek. Ein schwerer Schicksalsschlag, zumal auch sie selbst Musiklehrerin für Klavier war. Zudem spielte sie Geige und Bratsche in einem Orchester. „Das war ein großer Verlust für mich. Musik war immer mein Lebensinhalt. Es schien, als ob ich diese Gabe und Begeisterung schon mit der Muttermilch aufgenommen hatte!

Doch Aufgeben war so gar nicht das Naturell von Ilse Cirtek – im Gegenteil. „Ich habe – selbst noch als Gehörlose - von Spitzbergen bis zum Roten Meer und von Portugal bis Indien fast alle Länder bereist“, berichtet sie von abenteuerlichen Urlauben. Ihren Alltag meistert sie heute noch weitgehend selbständig – kocht, räumt auf und wäscht selbst. Ein spezielles Abenteuer fasste sie kürzlich gemeinsam mit Hospizbegleiterin Elsa Harzheim ins Auge: „Wir sind im November nach Kirchheim und Freiburg gefahren, um eine Schulkameradin, die heuer schon ihren hundertsten Geburtstag feierte sowie eine Cousine, die ebenfalls noch 2019 hundert wird, zu besuchen.“ Entsprechend groß war die Wiedersehensfreude unter den hochbetagten Damen. „Die beiden sind geistig noch genauso frisch, wie ich auch“, lacht sie herzlich auf. „Ich habe mich sowieso erst mit 60 Jahren am Höhepunkt des Lebens gefühlt, nicht wie andere mit 40.

Die Verbindung zu Elsa Harzheim ist eine besondere: „Es ist bewundernswert, wie Ilse ihr Leben meistert. Ein Mensch mit so großer Lebenserfahrung weitet auch den eigenen Blick und macht zutiefst dankbar.“ Auch die Jubilarin nickt bestätigend: „Es ist schön, wenn sich jemand Zeit für dich nimmt, das tut gut bis ins Herz hinein.“ Um andere Menschen kennenzulernen sei man nie zu alt: „Das ist wie bei der Musik. Man muss sich aufeinander einstellen. Im Orchester wird jede Stimme gebraucht, damit es harmonisch klingt. So schaue ich das Leben an.