„Es braucht mehr als nur Applaus“

Unser Caritasdirektor Ernst Sandriesser fordert Lösungen für den Personalnotstand und das Schließen von Betreuungslücken in der Pflege.

Not sehen und handeln: Das ist unser Motto. In unserem größten Bereich – der Pflege und Betreuung – unterstützen wir jährlich rund 1100 Menschen zu Hause und in ihren neun Pflegewohnhäusern in Kärnten. Rund 350 Pflegekräfte betreuen professionell und warmherzig alte und kranke Menschen mobil und stationär. Unser Direktor Ernst Sandriesser fordert nicht nur für sie, sondern für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege von der Bundesregierung mit der zügigen Fortsetzung der Pflegereform nachhaltige Strukturen zur Attraktivierung ihres Arbeitsumfeldes, weil: „Es gilt sicherzustellen, dass die Pflege nicht selbst zum Pflegefall wird. Die Heldinnen und Helden der Corona-Krise benötigen mehr als nur Applaus. Es braucht jetzt dringend Schritte, die die Rahmenbedingungen in ihrem Berufsalltag verbessern.“

Personalmangel als Ursache für erschwerte Arbeitsbedingungen

Donata Rössler-Merlin, unsere Bereichsleiterin für Stationäre Betreuung und Pflege, nennt Beispiele: „Die Lösung des Pflegekräftemangels duldet keinen Aufschub mehr, denn unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigen mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Arbeitszeit. Es braucht ausreichend Zeit für Supervision, Team- und Fallbesprechungen und den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. Außerdem sollte niemand nachts alleine in einem Wohnbereich oder auf einer Station arbeiten müssen.“ Die Frauen und Männer in der Pflege würden diesen Beruf ausüben, weil sie gerne mit Menschen arbeiten. „Mit dem Personalmangel ist aber nicht selten auch zu wenig Zeit für den Beziehungsaufbau zu den pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen“, weiß Rössler-Merlin aus dem Pflege-Alltag.

Abschaffung der Ausbildungskosten

Während die Zahl der pflegebedürftigen Menschen auch in Kärnten weiter steigt, rechnen Expert*innen in den kommenden Jahren mit einem Rückgang von familiärer Betreuung und einen damit einhergehenden zusätzlichen hohen Bedarf an Pflegekräften. „Wir benötigen ausreichend qualifizierte Mitarbeiter*innen, um die immer mehr werdenden pflegebedürftigen Menschen auch weiterhin gut pflegen und betreuen zu können“, schlägt Caritasdirektor Sandriesser in dieselbe Kerbe. Er fordert vom Land die Anhebung des Pflegeschlüssels, die Abschaffung von Schulgeld und Studiengebühren, die finanzielle Anerkennung von Zusatzqualifikationen, wie gerontopsychiatrische Spezialisierungen, und die Abgeltung der Pflichtpraktika für Studierende der Schulen für Sozialbetreuungsberufe. Wilfried Hude, Bereichsleiter unserer Schulen: „Diese müssen während ihrer Ausbildung sechs Monate kostenlos praktizieren. Das bringt viele an den Rand ihrer finanziellen Möglichkeiten. Eine Entschädigung zumindest in der Höhe, wie sie Lehrlinge bekommen, würde beim Abfedern helfen!“

Mobile Angebote ausbauen

Neben der Personalfrage sehen wir die Bundesregierung vor allem dann gefordert, wenn es um die stärkere Unterstützung der pflegebedürftigen Menschen selbst und um die Entlastung pflegender Angehöriger geht. Sandriesser: „In Kärnten soll jeder Mensch, die für sie oder ihn passende Form der Betreuung und Pflege erhalten können.“ Es brauche unter dem Motto „mobil vor stationär“ mehr Angebote in der mobilen Pflege sowie mehrstündige Unterstützungs- und Entlastungsdienste, mehr Kurzzeitpflege, Tageszentren und teilstationäre Einrichtungen. Da sich die Angebote in Betreuung und Pflege in den Bundesländern hinsichtlich Kosten, Leistungen etc. gravierend unterscheiden, spricht sich der Caritasdirektor für einheitliche Standards vom Boden- bis zum Neusiedlersee aus.

Würdevolles Sterben ermöglichen

Sandriesser, der auch Präsident des Kärntner Hospizverbandes ist, liegt außerdem eine ausreichende Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich sehr am Herzen. Er fordert einen Rechtsanspruch auf Betreuung durch Hospiz- und Palliativdienste und -einrichtungen, denn „es darf nicht am Geld oder am Wohnort scheitern, dass Menschen am Ende ihres Lebens jene Betreuung und Begleitung erhalten, die sie brauchen“. In Kärnten arbeiten Caritas, Diakonie und Rotes Kreuz an der Einführung einer Hospizkultur und Palliative Care in der mobilen Pflege Zuhause und in den Alten- und Pflegewohnhäusern. In einem umfassenden Schulungsprogramm werden zurzeit Pflegefachkräfte im mobilen und stationären Bereich im Umgang mit schwerkranken und sterbenden Menschen geschult. Eva Maria Wernig, unsere Bereichsleiterin der Mobilen Pflege, sagt: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwerben dabei Kompetenz und Haltung, sodass schwerkranke Menschen medizinisch gut versorgt, schmerzbefreit und gut begleitet zu Hause oder im Pflegewohnhaus in Würde sterben dürfen.“

Einladung zur Mitarbeit im Pflege-Team

Wir laden Menschen im Zuge unserer derzeit laufenden Pflegekampagne ein, sich selbst in der Pflege zu engagieren. Immer wieder werden in Kärnten qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht. Offene Stellen: www.caritas-pflege.at/jobs. Mit der mobilen und stationären Pflege – von Pflege daheim über Umzug ins betreubare Wohnen bis ins Pflegewohnhaus –, der Demenzberatung und -begleitung, Hospiz- und Palliativversorgung sowie der Unterstützung pflegender Angehöriger hilft die Caritas Kärnten Betroffenen und Angehörigen. Alle Angebote finden sich hier: www.caritas-kaernten.at/pflege.